Vanlife & Leben im Wohnmobil: 9+ Nachteile, von denen keiner spricht

Vanlife & Leben im Wohnmobil: 9+ Nachteile, von denen keiner spricht

„Ich zieh’ ins Wohnmobil, mir scheint die Sonne aus dem Arsch! Jetzt wird endlich alles gut.“ Ja okay, es wird schon ganz geil werden. Vermutlich weißt du längst um all die Vorteile des Vanlife, die überall und ganz besonders bei Instagram & Co. gezeigt werden. Doch über die Nachteile des Vanlife, die echt nerven können, spricht kaum wer.

Deshalb heute etwas Real Talk über einen Haufen Nachteile beim Vanlife bzw. Leben im Wohnmobil.

Nachteil Nr. 1: Begrenzter Raum

Damit hast du jetzt nicht gerechnet, ne? 😀 Ja, okay, ich geb zu, das ist wirklich sehr naheliegend.
Was aber so ein enger Raum mit sich bringt und was häufig unterschätzt wird, ist das Konfliktpotenzial. Gerade zu Beginn musst du mit vermehrten Konflikten rechnen, denn nicht alle deine alten Streitvermeidungsstrategien funktionieren jetzt noch, wenn du nicht mal eben eine Tür und viel Abstand zwischen dich und deine Familie bringen kannst. Es gibt keine “ruhige Ecke” und nur in wenigen Campern und Wohnmobilen mal eine Schiebetür für die optische (aber nicht akustische) Abgrenzung.

Bei uns hat es circa 4 Monate gedauert, bis die erste Konfliktwelle abgeebbt ist. Von anderen Familien wird uns ähnliches berichtet mit von 2 bis 9 Monaten intensiver Zeit.

Lese-Tipp: Die 10 häufigsten Irrtümer übers dauerhafte Reisen im Wohnmobil

Nachteil Nr. 2: Immer zu Gast

Wo immer du hinreist, du bist immer nur Gast. Stehst du auf Campingplätzen, musst du dich an die dortigen Regeln halten, wenn du bleiben willst. Stehst du frei, was vielerorts zwar geduldet wird, aber nicht unbedingt gestattet ist, musst du auch immer schauen, dass du nicht doof auffällst, wenn du bleiben willst.

Du bist einfach nur Gast und es gibt selten das Tor, das du zuhauen kannst, wenn du mal die Welt ausschließen möchtest. Hast du andere Vanlifer als Nachbarn? Die bekommen alles mit, denn du hast so gut wie keine Privatsphäre und das kann sehr an den Nerven zehren.

Tipp: Reise in weniger begehrte Länder (da gibt’s sowieso meist viel mehr zu sehen) und spare dir den Stress auf der Suche nach einem schönen Platz am Meer wie in Spanien oder Portugal.

Nachteil Nr. 3: Morgens und abends umbauen

Ein anstrengender Tag ist geht zu Ende und ihr wollt nur noch ins Bett fallen. Doch der Tisch steht noch voll mit den Resten vom Abendessen und jetzt ist erstmal aufräumen und Bett umbauen angesagt. Nervig! Je nach Fahrzeug und Platz, musst du nämlich jeden Abend und jeden Morgen dein Bett umbauen. Gerade wenn du wie wir von unterwegs arbeitest, möchtest du vielleicht die frühen Morgen- oder die späten Abendstunden für ein wenig Arbeit nutzen, aber da sind die Kids im Bett, kein Tisch vorhanden und du weißt nicht, wohin mit dir.

Tipp: Schaffe dir wirklich ein Fahrzeug an, in dem du nicht jeden Abend und jeden Morgen mühevoll umbauen musst. Das erspart dir Zeit und vor allem Nerven!

Nachteil Nr. 4: Regentage oder andere „Extreme“…

… kommen direkt aus der Hölle! Na gut, wenn sie nur vereinzelt stattfinden, kann man es sich auch richtig gemütlich drinnen machen, wenn’s mal wieder richtig schüttet, aber wenn du mal zur falschen Zeit in der falschen Gegend bist und nicht direkt der Sonne hinterher fahren kannst, geht’s los.

Achte ganz besonders auf genügend Bewegung trotz des Regens, denn das viele Sitzen und Liegen ist wahrlich nicht gesund (Hallo Thrombose!). Hast du eigentlich auch an genügend Beschäftigungen für die Kids gedacht, wenn sie tagelang nur kurz mal draußen spielen können? Mir hilft es, diese Tage lockerer anzugehen und auf Gemütlichkeit zu setzen, um eine möglichst entspannte Stimmung beizubehalten.

Auch an richtig heißen Tagen kann dir genau das selbe passieren, wenn dein Womo oder Van durch Klima oder Lüftung einfach viel kühler ist als die Temperatur draußen. So schnell hockt man mit kurzen Hosen im Fahrzeug bei bestem Wetter.

Nachteil Nr. 5: Asphalt Camping

All die schönen Spots und Plätze, die du in Social Media siehst. Pustekuchen! Du wirst nicht jede Nacht mit traumhafter Aussicht in der Natur verbringen. Öfter als dir lieb ist, wirst du mit deinem Fahrzeug auf Asphalt stehen.

Du glaubst mir nicht? Gerade nicht so geländegängige Fahrzeuge sollten sich bei Schietwetter nicht zu nah an den Matsch stellen und stehen auf Parkplätzen einfach besser. Oft stehst du auch auf Besucherparkplätzen von dieser oder jener Sehenswürdigkeit und willst am Abend nach einem langen Tag nicht erst noch einen geeigneten Platz suchen.
Besuchst du gerne Städte? Auch hier winkt schon der Parkplatz, auf dem du die Nacht verbringen wirst. Und Überraschung: Die meisten Campingplätze oder Stellplätze sind doof gelegen, eng und alles andere als schön. Und wenn sie es sind, sind sie oft das viele Geld nicht wert. (s. Beitragsbild)

Tipp: Spar dir gleich den Platz und das Gewicht und pack keine sperrigen und schweren Campingstühle- und Tische ein. Du hast als Freisteher selten die Möglichkeit, diese tatsächlich zu nutzen.

Asphalt Camping Vanlife Nachteile

Nachteil Nr. 6: Müll

Wo wir grad bei schöner Aussicht in der Natur sind: Sehr wahrscheinlich bist du nicht der einzige Mensch, der diesen tollen Spot entdeckt hat und andere waren schon sichtbarerweise vor dir da. Oder die Müllentsorgung ist einfach ein sichtbares Problem an diesem Ort (Müllentsorgung ist auch in Deutschland ein Problem, allerdings ist es nicht für die Öffentlichkeit so sichtbar wie in manch anderen Ländern. Deutsche sind halt gut im Verschleiern von Tatsachen…).

Pack also ein paar Mülltüten (besser: wiederverwendbare Jutebeutel!) ein und verlasse jeden Platz sauberer als du ihn vorgefunden hast. Die perfekte Gelegenheit, um mit deinen Kids über Müll, Plastik und Nachhaltigkeit zu sprechen und sie zu ermuntern mit dir zusammen Müll zu sammeln. Not my trash, but my planet!

Tipp: Wie bei mir Nachhaltigkeit im Camper aussieht, liest du hier: 7+ Rezepte um sich nachhaltig, gesund und minimalistisch zu pflegen

Nachteil Nr. 7: Behörden

Du ziehst ins Wohnmobil, meldest dich aus Deutschland ab und zack flattern auch schon die ersten Behördenbriefe rein. Alles, was du nicht vor deinem Umzug klären konntest, musst du nun aus dem Fahrzeug heraus klären. Die Familienkasse stellt das Kindergeld ein? Das Finanzamt hat deine Steuerklasse verändert? Stell dich auf Telefonate, eMails und Briefe mit oft desinteressierten Sachbearbeitern ein.

Tipp: Wie du mit Behörden leichter kommunizierst, liest du hier: Der Gamechanger zum Verhalten im Umgang mit Behörden und Beamten & 4 wichtige Tipps, die bei der Abmeldung aus Deutschland hilfreich sind)

Nachteil Nr. 8: Reparaturen

Kaum läuft die Wasserpumpe wieder, will die Heizung nicht mehr. Oder die Batterie schwächelt, du hast einen großen Steinschlag oder kommst einfach nicht mehr vom Fleck, weil absolut nichts mehr geht. Irgendwas ist immer. Nach der Reparatur ist vor der Reparatur.

Dadurch, dass du in deinem Fahrzeug nicht nur 2-3 Wochen im Jahr wohnst, sondern deutlich länger, hast du einen viel größeren Verschleiß am Aufbau, also deiner Wohnkabine, als durchschnittliche Camper. Auch dein Fahrzeug selbst wird genutzt und will dementsprechend von dir gehegt und gepflegt werden.

Nachteil Nr. 9: Waschen

Nein, du musst nicht stinken. Je nachdem, wie deine Hygieneprozedur vor deinem Umzug ins Wohnmobil ausgesehen hat, wird sie sich nun aber trotzdem verändern. Denn: Du hast nur begrenzt Wasser zur Verfügung und lange, warme Duschen finden jetzt nur noch auf Campingplätzen oder in Ferienhäusern statt. Kurze vielleicht auch in deinem Fahrzeug.

Wenn du nicht grad eine Waschmaschine an Bord hast, bist du auf Waschmöglichkeiten wie Waschsalons oder Waschmaschinen auf Campingplätzen oder an Supermärkten angewiesen.

Tipp: Nachhaltig Wäsche waschen unterwegs.

Aber auch mit Waschmaschine an Bord wirst du nicht wie gewohnt einfach täglich eine Maschine anwerfen, weil dir dafür nicht unbegrenzt Strom und Wasser zur Verfügung steht (beides hab ich erst im Wohnmobil zu schätzen gelernt). Du wirst deine Klamotten länger tragen bis sie gewaschen werden, denn du hast vermutlich aus Platzgründen auch keinen fetten Kleiderschrank dabei.

Nachteil Nr. 10: Haltbarkeit der Klamotten

Insbesondere die Klamotten deiner Kinder sind beim Leben im Wohnmobil viel schneller durch, weil sie sich viel mehr und länger draußen aufhalten, als die meisten Kinder in Europa. Die heutigen Klamotten werden auf eine Art strapaziert, für die sie nicht mehr gemacht sind. Sie werden häufiger (du hast nicht drölfzig Leggings, Shirts, Hosen dabei pro Kind) und länger (warten auf den nächsten Waschtag) getragen und dabei intensiver (Sand, Unterholz, Bäume als Spielplatz) und zusätzlich noch mehr Stunden am Tag auf diese intensive Art und Weise genutzt.

Klamotten von den üblichen Herstellern sind auf viele Stunden sitzen in der Schule oder in Innenräumen ausgelegt und halten dieser Belastung oft nicht lange stand.

Tipp: Investiere in strapazierfähige Klamotten und vermeide Jogginghosen und Leggings bei deinen Kids, wenn sie damit viel draußen sind.

Nachteil Nr. 11: Kranksein im Van…

… macht keinen Spaß. Okay, macht eh keinen Spaß, aber wenn du mal so krank bist, dass du nicht fahrfähig bist, aber fahren musst, weil du Wasser tanken musst, kann’s schon mal ungemütlich werden. Auch mit 39,5 Grad Fieber bei 40 Grad im Schatten im Van oder Wohnmobil liegen, muss ich noch nochmal erleben. 😉

Tipp: Ganz zu Beginn der Suche nach einem passenden Fahrzeug, habe ich einen wertvollen Hinweis bekommen, den ich dir hier weitergeben möchte: Achte darauf, dass du im Bett aufrecht sitzen kannst. Magendarm in einem Bett, in dem du dich zum Übergeben nicht aufsetzen kannst, macht es nur noch schlimmer. Erprobt und für hilfreich befunden!

Nachteil Nr. 12: Sand im Bett

Sand in allen Ritzen und Falten deines Wohnmobils wird dein Standard, wenn du Strände liebst (selbst ohne Strand ziehst du Sand an). Was eigentlich ein “Luxus-Problem” des Vanlife ist, kann auch echt anfangen zu nerven. Wenn du vorher alle paar Tage deine Wohnung oder dein Haus gesaugt hast, wirst du dich jetzt an das tägliche Fegen/Saugen gewöhnen. Viel Sand auf wenig Raum = Sandkiste.

Tipp: Habe keinen. Gegen Sand bist du machtlos.

Nachteil Nr. 13: Pflanzen

Ich liebe Pflanzen und plane für mein nächstes Fahrzeug (in unserer Wendy war sowas vom Vorbesitzer nicht eingeplant) schon eine Möglichkeit, wie ich möglichst viel Grünzeug gut und sicher mitnehmen kann. Doch nicht jede Pflanze mag die ständig wechselnden Lichtverhältnisse, das Geruckel bei der Fahrt oder gar wechselhafte Wasserqualität.

Überleg dir vorher, welche Pflanzen du mit an Bord nimmst, was sie brauchen und finde einen Platz für sie, der ihnen am ehesten entspricht. Überleg dir auch, wie du für gleichbleibende und gute Wasserqualität sorgen kannst (nicht nur für deine Pflanzen. Eine Umkehrosmoseanlage ist da keine schlechte Anschaffung.

Tipp: Achte besonders auf Einreisebestimmungen von bestimmten Pflanzenarten in verschiedenen Ländern.

Vanlife Nachteile
Meine leidende Aloe Vera…

Nachteil Nr. 14: Dein Klo

Du kümmerst dich wie bei Windelfrei nicht nur darum, was in deinen Körper hineingeht, sondern auch, was wieder unten herauskommt. Dein Morgengeschäft wird nicht einfach von eine Welle Wasser auf Kopfdruck weggeschwemmt auf Nimmerwiedersehen.

Nope. Es gibt ein Wiedersehen.

Spätestens dann, wenn du deine Kassette leeren musst (beim Chemieklo) oder deine TTT (Trockentrenntoilette) nach einem frischen Beutel verlangt. Hello again! Kannst du dich mit diesem Gedanken nicht anfreunden, solltest du deine Vanlife Wahl nochmal überdenken. 😀

Tipp: Eine Trockentrenntoilette lässt sich meiner Erfahrung nach überall und vor allem sauberer entleeren. Spare nicht am falschen Ende. 😀

Fazit

So schön das Vanlife oder Leben im Wohnmobil auch sein kann, es hat rein gar nichts mit dem, was du in erster Linie in den sozialen Medien serviert bekommst, zu tun. Auch mit all den aufgezählten Nachteilen würde ich mich immer wieder dafür entscheiden, denn auf meiner persönlichen Pro & Kontra Liste überwiegen die Vorteile ganz klar!

Welchen dieser Punkte hast du vorher schon erahnt und welchen hättest du gern vorher gewusst? Kennst du noch mehr Punkte, die angehende Vanlifer unbedingt wissen sollten?

Weltreise abbrechen: 5 Gründe, warum dein Kind nicht mehr reisen will und wie du eine Lösung findest

Weltreise abbrechen: 5 Gründe, warum dein Kind nicht mehr reisen will und wie du eine Lösung findest

Gründe zum Langzeit- oder Weltreise Abbrechen gibt es sicherlich viele. Ob einfach nur reisemüde (kenn ich!) oder wirklich ernsthafte gesundheitliche Probleme, die ein Weiterreisen unmöglich machen. Und alles Grau und Bunt dazwischen.

Unter Familien kommt noch ein zusätzlicher Grund hinzu, der für Alleinreisende oder Pärchen nicht existiert: Wenn Kinder nicht mehr reisen wollen, was die ganze Familie vor die Entscheidung stellt, ob sie die Weltreise abbrechen.

Manchmal wollen Kinder einfach nur nach Hause. Insbesondere dann, wenn sie nicht im Wohnmobil oder generell reisend aufgewachsen sind. Dann ist das Wohnmobil nicht ihr Zuhause, sondern ein Haus oder eine Wohnung irgendwo auf dieser Welt. (Wenn z. B. mein Sohn sagt, er will nach Hause, dann meint er damit das Wohnmobil. Dort fühlt er sich zuhause, denn dort lebt er schon immer laut seiner Erinnerung.)

Ja, passiert. Und nicht umsonst bekomme ich die Frage gestellt: “Und was machst du, wenn deine Kinder mal nicht mehr reisen wollen?“

Also mein erster, unüberlegter Gedanke, der mir so in den Kopf schießt: “Also die wissen gar nicht zu schätzen, was wir ihnen ermögl…” 😛

Ja, wissen sie wirklich nicht. Und das ist auch okay so. Menschen fällt es oft schwer, etwas zu schätzen, das für sie selbstverständlich ist. Aber das ist ein anderes Thema. Mein nächster Gedanke könnte dann dieser sein:

“Natürlich muss ich dann die Weltreise abbrechen und sesshaft werden. Immerhin ist es ihre Kindheit und ich muss ihre Bedürfnisse achten. Versteht sich von selbst. Aus mein Traum.”

Oder ist die Welt gar nicht so schwarz und weiß?

So richtig würde sich der zweite Gedanke auch nicht anfühlen, wenn eines meiner Kinder diesen Wunsch äußern würde. Immerhin hab ich ja auch Bedürfnisse und Wünsche für mein Leben, das ich leben mag. Doch hier spielt dann ein nicht zu unterschätzender Punkt rein:

Weltreise abbrechen: Die gesellschaftliche Meinung

Badum…tzzz! 

“Siehst du, die Kids fühlen sich doch gar nicht wohl so beim Umherreisen wie Vagabunden. Das ist doch kein Leben. Mach’ das einfach, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Du zerstörst ihre Kindheit und drückst ihnen einfach deinen Lebensstil auf. Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du Mutter wurdest! Du musst die Weltreise abbrechen, ist doch klar!”

Mit diesen Vorwürfen sehen sich Eltern, die mit ihren Kindern auf Weltreise sind, oft sowieso schon konfrontiert. Noch viel mehr, wenn ihre Kinder dazu äußern, dass sie nicht mehr reisen mögen. Vielleicht denkst du beim Lesen grad auch dasselbe?

Weltreise abbrechen: Wenn du als Mama mit deinem Kind die Welt sehen willst, stehst du gesellschaftlich auf der Abschussrampe.

Bitte frag dich: Wären deine Eltern damals mit dir auf Weltreise gegangen, nur weil du die Welt sehen wolltest und gerne nicht mehr auf eine normale Schule gegangen wärst?

Meine Eltern sind mit mir leider nicht ausgewandert, obwohl ich das wollte. Hätten deine Eltern alles verkauft und wären mit dir losgezogen, selbst wenn es sie selbst nicht gereizt hätte? Unwahrscheinlich. Sie haben sich, wenn auch unbewusst, für einen Lebensstil entschieden, den du in deiner Kindheit mittragen musstest. Ob du nun wolltest oder nicht.

Was ist da passiert?
Sie haben ihre Wünsche und Bedürfnisse über deine gestellt. Zum Beispiel das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung, was sie durch die Erfüllung ihres Wunsches “dazugehören und nicht aus der Reihe tanzen” erfüllen konnten oder das Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit (und Anerkennung), weil sie nicht aus ihrem “gewohnten Job raus wollten” (Wunsch) oder oder oder… Was es auch war, es stand über deinem Bedürfnis zu lernen, entdecken, wachsen, verstehen und erleben der Welt durch die Erfüllung deines Wunsches auf Weltreise zu gehen.

Ich meine das selbstverständlich alles wertfrei, denn wir Menschen sind alle unterschiedlich und haben daher unterschiedliche Werte und Bedürfnisse. Wäre ja auch langweilig, wenn wir alle unsere Bedürfnisse in derselben Reihenfolge und auf die gleiche Art befriedigen würden. Doch wichtig ist, dass wir auch hier unterscheiden zwischen Bedürfnissen, deren Befriedigung für ein erfülltes Leben notwendig sind und Wünschen. Mehr zum Unterschied von Wünschen und Bedürfnissen.

„Ich will nach Hause und die Weltreise abbrechen!“: Hinter jedem Wunsch liegt ein oder mehrere Bedürfnisse.

Jepp, Bedürfnisse. Die Ursache allen Tuns. Wird ein Bedürfnis nicht befriedigt, erwächst daraus ein Wunsch, dessen Erfüllung möglicherweise zur Befriedigung des Bedürfnisses führt. Wie z. B. der Wunsch “nach Hause” zu wollen.

Etwas anschaulicher könnte es so aussehen:

Dein Kind wünscht sich “zurück nach Hause”. Möglicherweise sogar zurück in die Schule, obwohl es so erleichtert war, als du es endlich dort rausnehmen konntest.

Hier können gleich zwei oder mehr Bedürfnisse unbefriedigt sein. Das eine ist: Sozialkontakte. Dein Kind möchte mehr, weniger oder anders sozial interagieren. Das andere ist das Bedürfnis nach “Input”, also Herausforderung, Neues erfahren. Langeweile steht an der Tagesordnung und dein Kind braucht eine Herausforderung, ein Projekt oder ähnliches. Da es aber beides vielleicht nur in Form der Schule “von zuhause” kennt, wünscht es sich dorthin zurück. Doch ist es die Schule, in die sich dein Kind zurück wünscht? Welche Bedürfnisse Schule befriedigt und wieso diese auch woanders befriedigt werden können, liest du in: 4 Gründe, warum kein Kind ernsthaft gern zur Schule geht.

Zusätzlich kennen viele Kinder in Deutschland ihre Freunde schon seit dem Kindergarten. Sie fühlen sich davon überfordert, neue Freunde zu finden (eine Fähigkeit, die sie aber erlernen können und die ihnen ihr Leben lang dienlich ist!). Sie haben Schwierigkeiten sich im neuen Lebensstil zu akklimatisieren und wünschen sich zurück.

Wenn ein Kind also den Wunsch äußert “nach Hause” zu wollen, steht die Frage des Abbrechens der Weltreise oder Langzeitreise sofort im Raum und einige Reisefamilien sind ruckzuck wieder zurück, obwohl Teile der Familie gerne noch weiterreisen würden.

Doch warum ist der Schritt ins alte Leben so schnell vollzogen? Das liegt daran:

Wer sich gegen das Reisen entscheidet, macht sich gesellschaftlich weniger angreifbar.

Als Eltern, die Dinge anders machen als die Mehrheit der Gesellschaft, sieht man sich oft vielen Vorwürfen ausgesetzt. Ob es eine Hausgeburt, langes Stillen & Tragen, der kindergartenfreie Alltag oder eine Kindheit ohne Strafen oder ähnliches ist. Andere haben immer eine Meinung dazu und drücken sie dir liebend gern in dein Gesicht. 😉

Sich nicht angreifbar machen zu wollen vor dem Rest der Gesellschaft kann also dazu führen, Dinge zu tun oder zu akzeptieren, die nicht dir selbst entsprechen.

Denn nur wenn dein Bedürfnis gesellschaftlich anerkannt ist, ist es gesellschaftlich auch anerkannt, es höher zu bewerten als das Bedürfnis deines Kindes. (Ja, den Satz muss man evtl. zweimal lesen.)

Hier wird’s klarer:

Gesellschaftlich anerkannt wäre ein Bedürfnis wie (vermeintliche) “finanzielle Sicherheit”, “Anerkennung” (z. B. durch ein teures Fahrzeug) oder “Selbstverwirklichung” (z. B. durch 12h+ Arbeit pro Tag). Damit ist es kein Problem, das Kind in die 24h Kita zu geben, auch wenn z. B. das Bedürfnis des Kindes nach “mehr Nähe zu den Eltern” vorhanden ist. (Mag etwas zynisch klingen, ist nicht gewollt, doch der Punkt wird klar.)

Wenn Eltern aber ihr (einziges!) Leben leben wollen und sich für das Reisen entscheiden und das Kind nun von ihnen „gezwungen“ wird, andere Erfahrungen zu machen in der Kindheit, als die üblichen, den gesellschaftlich anerkannten Erfahrungen eben (wie Kindergarten, Schule, Spielstraße und 14 Tage Urlaub im Jahr), dann geht das nicht klar! Eh eh. So nicht, meine Damen und Herren!
Dann hätten sie eben keine Kinder bekommen dürfen.

Seriously? 😀

Das kann ja nicht die Lösung sein… gibt’s denn eine andere Lösung?

Aus meiner Sicht eindeutig: Ja! Denn um zu einer Entscheidung zu kommen, die zur ganzen Familie passt, sind die Bedürfnisse hinter den Wünschen wichtig. 

Was führt denn dazu, dass Kinder nicht (mehr) reisen, die Weltreise abbrechen und nach Hause wollen?

Für die meisten Familien, die ich kennenlernen durfte, gab es nie den einen einzigen Grund. Nicht immer ist es leicht, den Grund (das Bedürfnis, das hinter dem Wunsch die Weltreise abzubrechen) auch herauszufinden. Manchmal ist es eine Mischung aus mehreren und manchmal auch gar keiner davon. Vielleicht kennst du noch mehr und schreibst sie mir?

Hier sind meine Top 5 Gründe, warum Kinder nicht mehr reisen wollen und mögliche Wege da raus:

  1. Sozialkontakte
    Die No. 1 unten den Gründen zum Abbrechen der Weltreise oder Langzeitreise unter Reisefamilie: Sozialkontakte. Es gibt (vermeintlich) nicht genug davon. Auch das Älterwerden führt nicht selten dazu, dass Kinder aufhören gerne zu reisen. Andere Bedürfnisse rücken in den Vordergrund und so manche Familie hört auf zu reisen. Spätestens wenn die Kids Teenies werden, geht’s zurück ins alte Leben.
    Lösung: Sorge vor durch genügend Sozialkontakte. Wie ich und die Kids genug Sozialkontakte auf Reisen finden, verrate ich dir im Family Travel Guide.
  1. Akklimatisierungsschwierigkeiten
    Den Kindern (und nicht selten auch Eltern!) fällt es schwer, sich an den neuen Lebensstil zu gewöhnen. Alles ist neu und ungewohnt und gefällt deshalb erstmal gar nicht. Schon nach wenigen Monaten geht’s zurück.
    Lösung: Hinterfrage deinen Reisestil (siehe nächster Punkt), schau nicht, was andere tun, sondern passe deinen Reisealltag deiner Familie an, gib euch Zeit und sei ehrlich zu dir selbst. Wenn das Reisen nichts für dich(!) ist, dann ist das okay. (Manchmal wird hier auch die eigene Unzufriedenheit aufs Kind projiziert.) 
  1. Unpassender Reisestil
    Der Reisestil passt nicht zum Kind (oder dir). Vielleicht benötigt dein Kind mehr Input oder aber auch weniger Input (Reisen kann reizüberflutend sein!), um das Reisen zu genießen. Es geht zurück nach Deutschland, weil “man einfach nicht dafür gemacht” ist.
    Lösung: Spiele mit verschiedenen Reisestilen. Reise schneller oder langsamer (meist hilft langsamer schon enorm), halte dich länger an den selben Orten auf und triff die selben Kinder und Familien erneut, ziehe in Ferienwohnungen oder in ein Fahrzeug, mach Housesitting oder was auch immer du ausprobieren magst.
  1. Reisemüdigkeit
    Reisemüdigkeit spielt auch in den vorherigen Grund mit rein. Es geht zurück nach Deutschland, weil einfach alles zu viel ist. Totale Überreizung. Dort angekommen wird den Kids häufig nach zwei bis drei Monaten irre langweilig und sie wünschen sich wieder zurück auf Reisen. Eltern, die aus diesem Grund ihre Reise abgebrochen haben, schlagen jetzt die Hände über dem Kopf zusammen. 😀
    Lösung: Reise langsamer, wechsle die Behausung und mach eine Pause von deinem gewohnten Reisealltag. Nach kurzer Zeit zieht es dich zurück raus in die Welt. Dafür musst du nicht ganz nach Deutschland zurück.
  1. Überinterpretation des Gesagten
    Oh Schreck! Das Kind sagt, es will “nach Hause”, weil es die Oma vermisst. Insbesondere jüngeren Kids kommt dieser Grund eher über die Lippen. Gerne romantisieren wir Eltern diese Vorstellung und wollen natürlich Enkelkind und Großeltern ermöglichen, beieinander zu sein. Wer Kinder hat, weiß i.d.R. aber auch, dass hinter solchen Aussagen nicht selten (natürlich nicht immer!) ganz andere Beweggründe (Bedürfnisse) liegen können, wie z. B. das gewohnte, angenehme Gefühl, von der Oma was geschenkt zu bekommen, die auf diese Art und Weise artikuliert werden.
    Lösung: Sprich mit deinem Kind genau über seine Erwartungen und Wünsche für die Zeit mit der Oma, um diese Art der Überinterpretation zu entlarven.

Fazit: Was du tun kannst, wenn die Weltreise abbrechen nicht deine einzige Option sein soll

Weltreise abbrechen oder nicht? Diese Situation ist wahrlich keine leichte, doch wenn du das Bedürfnis findest, das zu dem Wunsch nach Hause zu wollen geführt hat, bist du einen großen Schritt weiter. Schau, ob es eine Möglichkeit gibt, es zu befriedigen, ohne dass die gesamte Familie die Weltreise abbrechen muss, obwohl sie es gar nicht will.

Mach dich auch frei von der gesellschaftlichen Meinung zu diesem Thema und mach dir bewusst, dass dein Leben jetzt stattfindet. Lass dir nichts anderes einreden: Auch du als Mama oder Papa darfst dein Leben gestalten und bist nicht gezwungen all den Erwartungen zu entsprechen, die andere an dich stellen.

Warst du schon mal in dieser Situation? Wie hast du sie gelöst?

Reisefamilien treffen: 15+ beliebte Treffpunkte & Communities für Reisende mit Kindern

Reisefamilien treffen: 15+ beliebte Treffpunkte & Communities für Reisende mit Kindern

„Mamaaaa, ich will mit anderen Kindern spielen!“

Schweißperlen auf deiner Stirn? Du hast schon lange keine anderen Reisefamilien treffen können, weil du einfach nicht weißt, wo sie sich möglicherweise aufhalten?

Wer lange unterwegs ist oder vor hat, länger als nur 2-3 Wochen pro Jahr zu reisen, macht sich notgedrungen Gedanken darum, wo denn die eigenen Kids nun auf andere Kinder, bestenfalls auch noch auf andere Reisefamilien treffen können.

Genau deshalb entsteht hier für dich eine Liste an Treffpunkten, an denen du häufig andere Reisefamilien treffen kannst. Das können bei Reisefamilien beliebte offizielle Campingplätze, Stellplätze & Freistehplätze (Freistehen immer auf eigene Verantwortung!) sein, an denen deine Chancen größer sind auf andere Reisefamilien zu treffen. Aber auch niedergelassene Freilernerfamilien in Communities kannst du hier besuchen.

Kennst du einen Platz oder Ort (auch sehr gerne außerhalb Europas!), der auf dieser Liste noch fehlt? Schreib ihn mir in den Kommentaren oder über das Kontaktformular.

Schau auch hier nach meinem Family Travel Guide, damit dir niemals unterwegs die Sozial- und Spielkontakte ausgehen: Family Travel Guide

Inhaltsverzeichnis

Reisefamilien treffen in Europa

Griechenland

Freistehen immer auf eigene Verantwortung!

Westküste Peloponnes

  • viele Strände zum Stehen und sich treffen
  • Ein besonders beliebter Ort/Strand mit vielen reisenden Familien, die teilweise viele Wochen und Monate dort stehen, wird dir auf Nachfrage von anderen Reisenden, die du in der Gegend triffst, mitgeteilt.
    Aus Gründen des Naturschutzes, insbesondere der Meeresschildkröten, sollte dieser Ort nicht überrannt werden und wird von unserer Seite daher nicht öffentlich geteilt.

Salanti Beach

  • Saladi Beach Hotel Ruine
  • Ruine eines verlassenen Hotels am Strand, die immer wieder gut besucht wird
  • Wasser an der Tanke oben am Berg für 2 € pro Füllung.
Reisefamilien treffen
Griechenland mit Wohnmobil

Italien

Scalea

Sardinien

  • Campingplatz „Torre di Bari Sardo“ wurde entfernt wegen Preisanstieg und unentspanntem Verhalten Kindern gegenüber.

Kroatien

Istrien – Barban

Community

  • in der Nähe von Gracac in den Bergen
  • Info der Inhaber: Das Grundstück liegt an einem Bach und in der Nähe gibt es einen Stausee und eine Höhle. Wir sind mitten in der Natur, abseits vom Tourismus. Eine halbe Stunde von uns aus liegt das Meer und jeweils eine Stunde nach Zadar und den Plitvicer Seen. Wir freuen uns über Familien mit Kindern und genauso über ältere Besucher. 
  • Ausstattung: Außendusche, Außenküche, Trenntoilette, Solarstrom
  • Kontakt per Telegram an Uli @Nachteule111

Portugal

Albufeira, Algarve

Lagos, Algarve

  • Campingplatz „Turiscampo“
  • Website: https://www.yellohvillage-turiscampo.com/
  • Google Maps: https://goo.gl/maps/rU62fCXfFn5L2A7f9
  • Oft von Reisefamilien angefahren, günstige Preise bei längeren Aufenthalten, beheizter Indoor-Pool auch im Winter, Bungalows verfügbar. Achtung: Anlaufstelle auch für viele Rentner, so dass jährlich zu Konflikten kommen kann. Vor Neujahr bester Zeitpunkt.

Malama Retreat, Santiago do Cacém region


Spanien

Freistehen immer auf eigene Verantwortung!

The Arts Villages

Ostküste

Sehr viele verschiedene Strände. Kleine Auswahl:

  • „Katzenstrand“ (Playa de los Cocedores) und nebenan Playa las Palmeras / Playa de la Higueríca
  • Schlangenbucht (Campingplatz: Playa Percheles)
  • bei Aguilas: Playa del Arroz

La Herradura, Andalusien

Tarifa


Ungarn

Seinamsee

  • Komitat, Vas
  • 4 Ferienhäuser & Stellplätze (auch langfristige Vermietung)
  • eine freie Dorfgemeinschaft ist im Werden
  • Kontakt: Telegram Jutta @seinamsee

Keine Reisefamilien getroffen?

Dann schau mal in unseren Veranstaltungskalender, ob ein Freilernertreffen oder -camp in deiner Nähe veranstaltet wird oder ob sich eine private Freilernerfamilie freuen würde, dich bei sich zu begrüßen.

In der Vagabundenpost teile ich neben viel Wissenswertem zum Reisen mit Kids, Bildung unterwegs, ortsunabhängig arbeiten und Vanlife & Co. auch meine 6 bewährten Wege, um andere Reisefamilien zu treffen.

Und sag mir natürlich sofort Bescheid, wenn du einen Ort auftust, der definitiv in diese Liste gehört, aber seinen Weg hierher bisher noch nicht gefunden hat!

Der Gamechanger zum Verhalten im Umgang mit Behörden und Beamten & 4 wichtige Tipps, die bei der Abmeldung aus Deutschland hilfreich sind

Der Gamechanger zum Verhalten im Umgang mit Behörden und Beamten & 4 wichtige Tipps, die bei der Abmeldung aus Deutschland hilfreich sind

„Sehr geehrter Herr… ähh… Wieso tun Sie das? Nein, nochmal neu… Aber ich weiß doch, dass es geht, wieso sehen Sie das nicht ein?.. Ääähh… nee, auch nicht. Wie schreib oder sag ich es denn am Besten?“ Was ist, wenn sich dein Gegenüber, der Behördenmensch, nicht für deine Argumente interessiert? Egal, ob bei deiner Abmeldung aus Deutschland, im Gespräch mit der Schulleitung deiner Kinder oder der Familienkasse. Hier geht’s um den Umgang mit Behörden und wie du mit Beamten sprechen kannst.

Zuerst einmal ein friendly reminder: Auch Behördenmenschen sind Menschen.

Was im Verhalten mit Mitmenschen gilt, gilt natürlich auch im Umgang mit Behörden und Beamten. Der Beamte ist auch nur ein Mensch. Auch wenn dir das manchmal schwer fällt zu glauben, wenn du ausbaden sollst, was dein zuständiger Sachbearbeiter/Beamter da von sich gibt, so ist es wirklich wirklich wirklich elementar wichtig, dass du dir immer wieder bewusst machst, dass dort kein Roboter sitzt, sondern ein Mensch.

Ein Mensch mit echten Gefühlen, der auch mal einen schlechten Tag hat oder durch eine schwere Phase seines Lebens geht. Vielleicht auch total frustriert in seinem Job ist, wenn dir und deinem Anliegen pure Ablehnung oder Langeweile am Telefon oder auch persönlich entgegen gebracht wird. Auch wenn er oder sie doch einfach nur den Job richtig machen soll. 😉

Und wer weiß, wieviele Menschen heute schon angerufen haben und sinnfreie Fragen gestellt haben, wie oft das Telefon schon klingelte und keine Zeit war, um andere Arbeiten zu erledigen oder ob das Klima unter den Kollegen grad einfach kacke ist. Ein bisschen Verständnis für uns alle gegenseitig im Alltag kann einfach nicht schaden.

Gut, wo wir uns das jetzt in Erinnerung gerufen haben, komm ich direkt auf den Punkt, um den es beim Umgang mit Behörden geht:

Der Gamechanger im Umgang mit Behörden: Wie du deinem Behördenmenschen freundlich mitteilst, was zu tun ist.

Ein fiktives Beispiel: Nehmen wir an, du möchtest der Schulleitung der Schule klar machen, dass keine Schulpflicht mehr für dein Kind besteht, weil du ausgewandert bist. Doch die Schulleitung beharrt darauf, dass dies Quatsch sei und sie versucht dir Druck zu machen, indem sie deinen Fall an die Schulbehörden weiterreichen möchte, die wiederum das Jugendamt verständigen sollen.

Miese Situation: Es wird Druck aufgebaut und mit Macht gespielt. Und trotzdem weißt du, dass du das Recht hast, aus Deutschland auszuwandern und nicht gezwungen bist mit deinen Kindern in Deutschland zu bleiben. Der Umgang mit Behörden kann so schnell nervenaufreibend werden und mit deinen Urängsten spielen.

Je nach deiner persönlichen Situation entfällt nun die Schulpflicht (Wann entfällt die Schulpflicht?), aber die Schulleitung deines Kindes will das absolut nicht wahrhaben. Auch wenn du jetzt meinst, dass das doch gar nicht vorkommen kann, weil das doch alles geregelt ist. Doch, es kommt vor. Sehr häufig sogar.

Denn sobald sich jemand nicht ganz sicher ist, ob du oder er/sie selbst Recht hat, wird lieber erstmal abgelehnt aus der Sorge heraus, dass falsch entschieden wird und die Schulleitung hier ihre eigene Karriere riskiert. „Nein“ ist somit erstmal die sicherste Antwort. Nicht unbedingt die richtige.

Verhalten im Umgang mit Behörden und Beamten
Im Behördenkontakt kann es schnell zu stressigen Situationen kommen, die Druck erzeugen und ein Machtgefälle offenbaren.

Wie gehst du jetzt im ersten Schritt mit der Aussage um, dass du nicht auswandern darfst, weil deine Kinder weiterhin schulpflichtig wären? Wie gehst du das Gespräch mit der Schulleitung an?

Was du nicht tun solltest im Umgang mit Behörden

Was wohl nach dem direkten Aufgeben des Vorhabens einer der weiteren Impulse vieler Menschen ist, ist das entsprechende Gesetz auf den Tisch zu knallen und zu sagen „Sehen Sie! Ich darf!“.

Doch tu das besser nicht (direkt zu Beginn). Auch dann nicht, wenn das sich vielleicht richtig gut anfühlen würde für dich, würde ich darauf verzichten. Wieso das? Weil alle Menschen wertgeschätzt werden wollen. Insbesondere diejenigen, die sich in einer Position befinden, in der sie manchmal meinen, über dich und dein Leben Entscheidungen treffen zu können.

Kaum jemand mag belehrt werden. (Huch komisch, trotzdem senden die meisten Menschen ihre Kids in Schulen, damit genau das passiert. Spannend.) Auf Belehrungen reagieren viele Menschen aggressiv, insbesondere dann, wenn sie sich in einer Position befinden, in der sie meinen andere belehren zu können. Sie fühlen sich in die Ecke gedrängt, wenn du ihre Ahnungslosigkeit offen legst. Geh in dich hinein und überlege, wie du selbst reagieren würdest, wenn dir jemand indirekt oder direkt sagt, dass du deinen Job wahrlich schlecht machst und nicht weißt, was du tust.

Aggression ist kein guter Ausgangspunkt für ein friedlich verlaufendes Gespräch, aus dem beide zufrieden herausgehen möchten. Ich denke, das ist uns allen klar und so lange wir uns noch nicht in einer festgefahrenen Situation befinden (kommunikativ), finde ich es wichtig, dass wir auch nicht in eine solche Situation hinein lenken.

Was du stattdessen tun kannst im Umgang mit Behörden

Zeige der Schulleitung (oder eben dem x-beliebigen Gegenüber in der Behörde), dass du seine oder ihre Meinung und Expertise wertschätzt, indem du sie oder ihn ganz einfach darum bittest. Worum bittest?

Um ihre Meinung!

Wie stellst du das an, damit dein Gegenüber auch zum selben Schluss kommen kann wie du?

Du machst dir erstmal bewusst, dass deine Situation keine übliche und tagtäglich vorkommende ist und dein Gegenüber sich vermutlich noch nie mit dieser Situation und den entsprechenden Gesetzen beschäftigt hat. Ja, auch wenn das der Job ist. D.h. er oder sie kennt sehr wahrscheinlich den Abschnitt oder Gesetzestext, auf den du anspielst, gar nicht. Auch wenn wir meinen, dass Abmeldungen aus Deutschland und alles, was damit einhergeht, doch oft vorkommen müssten, so ist das offensichtlich nicht der Fall, da sich viele Beamte dem Prozedere nicht selten hilflos gegenüber sehen.

Ich empfehle in diesen Fällen eine Fragetechnik anzuwenden. Du hast natürlich den entsprechenden Gesetzestext dabei (oder per Mail mitgeschickt oder vorliegen im Falle eines Telefonats) und bittest dein Gegenüber nun freundlich und mit ehrlichem Interesse (!) um seine/ihre Meinung zu dem fraglichen Text.

„Herr/Frau XY, vielleicht haben wir uns missverstanden. Könnten Sie mir sagen, wie Sie diesen Text/Paragraph ABC verstehen?“

Was passiert in deinem Gegenüber, wenn du das ganze als Frage formulierst?

Die Schulleitung in unserem Beispiel hat jetzt die Möglichkeit ihr Gesicht zu wahren. Sie muss nicht zugeben, dass sie keine Ahnung hat und muss deshalb auch nicht aggressiv reagieren, wenn sie spürt, dass sie keine Ahnung hat. Sie kann sich mit dem Paragraphen auseinandersetzen und fühlt sich selbst und ihre Meinung wertgeschätzt.

Jetzt kann sie sich objektiv und nicht aus einer Verteidigungsstrategie heraus dem Inhalt des fraglichen Paragraphen zuwenden und ist viel offener für die möglichen Interpretationen.

Es passiert folgendes:

Entweder kommt sie zu dem selben Schluss wie du. Du bist zufrieden, weil jetzt wieder alles läuft und die Schulleitung ist zufrieden, weil sie keine Sorge mehr haben muss, dass sie gegen ein Gesetz verstößt, das sie mit eigenen Augen gelesen hat. Sie weiß, dass dein Handeln okay ist.

Oder sie kommt nicht zu dem selben Schluss wie du. Zu welchem Schluss sie kommt, wird sie dir sehr wahrscheinlich oder auf deine Nachfrage erklären. Auch wenn dich das erstmal enttäuscht, hast du jetzt die Möglichkeit, eine Begründung zu erhalten und bekommst die Chance, diese zu entkräften.
Oftmals spielt sich im Kopf deines Gegenübers ein Film ab, den du gar nicht kennst und auf den du logischerweise nicht reagieren kannst, wenn du nicht weißt, was dort im Kopf gespielt wird.

Auf noch immer wertschätzende Art und Weise kannst du dieses Gespräch nun fortsetzen und steckst nicht gleich nach den ersten Sätzen in einem Streitgespräch, das so sinnlos wie ziellos ist.

Gib deinem Gegenüber auch die Zeit und Möglichkeit, sich länger oder gemeinsam mit Kollegen mit dem Sachverhalt auseinanderzusetzen.

Weitere Tipps im Umgang mit Behörden und Beamten

  1. Unhöflichkeit abwenden: Wenn du an einen Menschen in einer Behörde gerätst, der trotz deiner ehrlichen Freundlichkeit unhöflich wird, darfst du ihn oder sie gerne darauf hinweisen, dass dies nicht in Ordnung ist. Ändert sich nichts am Verhalten, kannst du eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Dabei geht es nur darum, dass das Fehlverhalten des Beamten dir gegenüber gerügt wird.
    Eine Fachaufsichtsbeschwerde hingegen bezieht sich auf die Rechtmäßigkeit einer konkreten Entscheidung.
    Dir steht selbstverständlich frei unhöfliches Verhalten einfach zu ignorieren, was in den meisten Fällen die sinnvollste Entscheidung ist.
  2. Lass dir alles schriftlich geben. Mit mündlichen Aussagen über Entscheidungen, was möglich ist und was nicht möglich sein soll, solltest du dich nicht zufrieden geben. Zu häufig habe ich schon miterlebt, dass Versprechungen und Zusagen gemacht wurden, auf Grund derer Familien ihre Auswanderung oder Reise planten. Bei manchen mit der Folge, dass sie nun plötzlich ein Verfahren am Hals hatten, weil man sich in der Behörde urplötzlich nicht mehr an statt gefundene Gespräche erinnern konnte.
    Wenn dir etwas mündlich am Telefon zugesagt wird, schreibe direkt im Anschluss eine e-Mail an deinen Gesprächspartner. Du kannst dich freundlich bedanken für das nette Gespräch und wiederholst schriftlich, zu welchem Ergebnis ihr im Gespräch gekommen seid. Nun bittest du um schriftliche Bestätigung.
  3. Der Kopierer ist der Freund. Auch wenns nervig ist: Mach von allen ausgefüllten Formularen Kopien, so dass du jeder Zeit weißt, welche Angaben du wem wann gemacht hast.
  4. Einreichen von Unterlagen: Solltest du Unterlagen nicht elektronisch, sondern auf dem Postweg einsenden, nutze dazu die etwas kostenintensivere Form des Einschreibens mit Rückschein. So kannst du im Nachhinein belegen, dass deine Unterlagen eingegangen sind, sollte dir gegenteiliges vorgeworfen werden. Noch besser ist, wenn du selbst oder ein Bote deine Unterlagen persönlich vorlegst bzw. abgibst und der Empfang direkt schriftlich festgehalten wird.

Erzähl hier in den Kommentaren gerne, was dir im Umgang mit Behörden bisher am besten geholfen hat!

Sozialisation: psychische Gewalt unter Kindern

Sozialisation: psychische Gewalt unter Kindern

Der Dauerbrenner „Sozialisation“ in Bezug auf psychische Gewalt als Konfliktlösung. Nicht nur unter reisenden Kindern und Schulkindern betrachtet, aber auch.

Sind Freilerner besser sozialisiert als Schulkinder? Das liest du in diesem Blogartikel *klick*. Doch jetzt geht es hier erstmal um psychische Gewalt:

Lange lag dieser Artikel als Entwurf rum. Der richtige Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Doch jetzt ist er da. Sehr wahrscheinlich wird dir nicht alles gefallen, was du hier zum Thema psychische Gewalt lesen wirst. Nicht wenige werden sich auf den Schlips getreten fühlen. Das bleibt nicht aus, doch mit umso mehr Klarheit kann ich heute dazu stehen, was ich hier sage und was für einige sehr konträr klingt zu ihrer Realität von einem Leben und einer Kindheit in Freiheit.

Denn anzunehmen, was ich hier über psychische Gewalt zu sagen habe, würde für viele bedeuten, dass man selbst aktiv werden müsste und sich eventuell eingesteht, diesen Punkt bisher außer Acht gelassen zu haben. Sowas tut weh, ganz besonders dann, wenn es um die eigenen Kinder geht. I get you.
Hab ich auch durch. Schuldig.

Doch lass uns starten:
Meine Kinder sind nicht sozialisiert. Genau wie alle anderen Kinder und die meisten Menschen auf dieser Welt auch nicht. Wenn man denn die Sozialisation als einen Prozess betrachtet und nicht als einen Zustand, der ruckzuck erreicht werden kann – praktisch einmal geschnipst, fertig sozialisiert.

“Sozialisation ist demnach die Anpassung an gesellschaftliche Denk- und Gefühlsmuster durch Verinnerlichung von sozialen Normen.”

Wikipedia

Zu dieser Anpassungsphase (dem Prozess) zählt natürlich auch das Verhalten in der Konfliktbewältigung.

Was ist gesellschaftlich in Konflikten akzeptiert, was nicht? Knallst du dein Gegenüber direkt ab, ist das natürlich (?) nicht akzeptiert. Auch der allseits beliebte “Schlag in die Fresse” unter erwachsenen Männchen, den sich laut Faustinhaber so mancher verdient habe, ist kein gutes Beispiel für gelungene Sozialisation. Hierbei handelt es sich um asoziales – von den gesellschaftlichen Normen abweichendes – Verhalten.

Damit junge Menschen schon früh die gesellschaftlichen Normen kennenlernen, wird die Verantwortung für die Sozialisation der eigenen Kinder in Deutschland gerne komplett an Institutionen wie Schule und Kita abgegeben. Auch der Staat selbst sieht die Sozialisation als sein Gebiet an. Durch die Schulpflicht bzw. die Schulgebäudeanwesenheitspflicht wird die Schule damit tatsächlich zu einem Ort der Sozialisation, da sich ein großer Teil des Tages eines Schulkindes in der Schule abspielt. Ähnliches passiert schon im Kindergarten. Der Lebensstil vieler Menschen kann nur aufrecht erhalten werden, wenn beide Partner arbeiten gehen und oft fehlt schlichtweg „das Dorf“, das gebraucht wird, um Kinder großzuziehen. Also geht das Kind mit allerspätestens drei Jahren in den Kindergarten, in dem es „sozialisiert wird“.

Mittlerweile gibt es immer mehr Menschen, die bemängeln, dass ein Großteil des Tages eines Kindes außerhalb der Familie stattfindet. Denn dieses System der Zwangsbeschulung und damit Zwangssozialisation kann und will die Verantwortung für das Outcome der Zwangssozialisation gar nicht tragen. Ein Dilemma…?! Brainfuck!

Genau deshalb werden Kinder heutzutage immer öfter aus Schulen und Kitas genommen. Auch Familien, deren Kinder freilernen oder im Homeschooling sind, führen oft den Punkt der Sozialisation als Aspekt ihres Lebensweges an. Sie möchten ihre Kinder vor der schulischen Sozialisation schützen.

Mehr dazu: Sozialisation: Wie gut sind Freilerner wirklich sozialisiert?

Konfliktbewältigung: Physische und psychische Gewalt – was ist erlaubt?

Wo die Grenzen zwischen sozial und asozial heute verlaufen, kann ich gar nicht sicher sagen. Sie scheinen auch von Individuum zu Individuum anders interpretiert zu werden. Das ist okay. Ich stütze mich in meinen folgenden Aussagen, auf meine persönlichen Erfahrungen und Wünsche für eine bessere Zukunft, in der es um Verbindung unter Menschen geht und wo nicht noch tiefere Gräben zwischen Menschen gezogen werden.

Ein Grundsatz der Konfliktlösung in der westlichen Gesellschaft

Eine Maxime bei der Konfliktbewältigung ist oft, dass körperliche Aktionen unter Kindern wie Hauen, Schubsen, Treten als asozial eingestuft werden.

Sind sich die Eltern relativ sicher, dass das eigene Kind keine dieser körperlichen Strategien (mehr) nutzt, wird es als sozialisiert betrachtet. Man klopft sich auf die Schulter und das Thema wird abgehakt. Salopp gesagt.

Zumindest muss ich irgendwie zu diesem Eindruck kommen, wenn ich mich mit meinen Kindern unter andere mische, egal ob Schulkinder, Freilerner, Kindergartenkinder oder kindergartenfreie Kids. Es ist alles erlaubt, aber wehe, ein Kind hebt die Hand, um auszuholen!

Nein, mir geht es ganz und gar nicht darum, körperliche Gewalt zu verharmlosen. Hauen ist kacke. Körperliche Gewalt ist kacke.

Ich weiß das, denn ich habe ein Kind, das sehr lange auf diese körperlichen Strategien zurückgegriffen hat und es bei einigen anderen Kids noch ab und an tut. Nicht, weil wir es als Eltern vermöbelt hätten oder körperliche Gewalt in unserer Familie Standard wäre (dieser Vorwurf schwebt schnell im Raum, denn “Irgendwoher muss es das ja haben!”, richtig?), sondern weil er als eher spät sprechendes Kind noch keine andere Strategie verinnerlicht hatte, die ihn wirklich weiter brachte, wenn er eine Grenze ziehen wollte.

Denn genau das ist es: Wenn Kinder (insbesondere junge Kinder) hauen oder anders körperlich auffallen, dann steckt dahinter nicht die Absicht zu verletzen. Es dient dazu, Unwillen kund zu tun, dem Ärger Ausdruck zu verleihen und vor allem eine Grenze zu ziehen, die anders noch nicht kommuniziert werden kann. Dass die Art und Weise nicht als sozial gilt, ist spürbar.

Evolutionsbiologisch betrachtet ist körperliche Gewalt eine gängige Strategie und für Säugetiere überlebenswichtig. Dieses Verhalten ist unter jungen Kindern also schlichtweg normal. Nein, ich sage nicht an dieser Stelle, dass es okay ist. Ich sage, es ist normal, aber schlichtweg nicht mehr notwendig, weil es Strategien gibt, die sich heutzutage besser eignen, um einen Konflikt zu lösen oder mit unangenehmen Gefühlen umzugehen.

Andere Eltern erwarten häufig verständlicherweise, dass wir unserem körperlich agierendem Kind zu verstehen geben, dass dieses Verhalten nicht okay ist. So weit, so gut erstmal.

Psychische Gewalt in Schulen und auf Reisen

Ich sah mich immer wieder in der Situation, dass ich mein Kind besonders intensiv begleiten musste, im Gegensatz zu Eltern, deren Kids nicht körperlich wurden. In der Zeit, in der ich so intensiv begleitet habe (und immer noch begleite) und ihm mit meiner Sprache geholfen habe, seine Konflikte möglichst nicht körperlich zu klären, habe ich etwas gelernt, was ich nicht vermutete.

Zuerst dachte ich, ich begleite ihn auch zum Schutz der anderen Kinder. Ich kenne seine “Trigger”, kann ihn lesen und weiß, was ihn auf die Palme bringt.

Doch ich entdeckte für mich etwas ganz anderes: Ich war nicht nur zum Helfen dabei.

Ich war dabei, um mein eigenes Kind vor psychischer Gewalt zu schützen.

Die gleichen Kinder, die als sozialisiert gelten, weil sie eben im Konflikt nicht als Erster hauen, treten, schubsen (höchstens als „Verteidigung“), wenden nicht selten psychische Gewalt an, wenn sie sich überfordert fühlen mit einer Konfliktsituation oder ihren eigenen Gefühlen.

Denn hier liegt der Knackpunkt: Die meisten Eltern, Betreuer, Lehrkräfte bekommen erst mit, dass es überhaupt einen Konflikt gibt, wenn eines der Kinder weint, nachdem körperliche Gewalt angewendet wurde. Dann schauen sie, dann wird analysiert, was bei dem hauenden Kind alles falsch gelaufen sein muss. Was vorher alles von ihnen unbemerkt abgeht, das ist nicht Teil ihrer Welt. Ich erlebte nun also hautnah, wie beleidigt, bedroht, sozial ausgegrenzt, über andere bestimmt u.s.w. wird.
Und sind wir mal ehrlich, eigentlich wissen wir das alle, oder?
Das ist psychische Gewalt.

Nein, Kinder, die psychische Gewalt anwenden, sind keine schlechten Menschen. Sie haben nur ebenso noch keine Strategien erlernt, die ihnen erlauben, ihre Konflikte zu lösen, ohne psychische Gewalt anzuwenden. Ist das sozial?

Ich war ziemlich überrascht. Ich hatte nämlich gedacht, dass Familien, die ihren Kindern ein freieres Leben ermöglichen wollen, sich über diesen Aspekt der psychischen Gewalt bewusst sind und diese ebenso begleiten, wie wir selbst es tun. Ich erwartete also das gleiche von anderen Eltern, was diese von mir erwarten, nämlich, dass sie – ebenso wie ich bei meinem Kind – auf ihr Kind eingehen, seine Überforderung und Hilflosigkeit sehen und ihm z. B. sprachliche Alternativen anbieten. Das war zu viel erwartet. Das weiß ich heute.

Psychische Gewalt ist Verletzung. Die Narben dieser Verletzungen befinden sich nur nicht auf der Haut, sondern auf dem Herzen.

Physische vs. psychische Gewalt: Zwei Begriffe, ein Auslöser

Körperliche Gewalt unter Kindern wird am Häufigsten zur Verteidigung eingesetzt, um Grenzen zu ziehen, z.B auch dann, wenn sie selbst psychische Gewalt erleben. Diese Menschen sind keinesfalls die „fehl sozialisierten“ Kids, für die sie von so manchen Eltern gehalten werden, sondern meist sehr sensible Menschen, die schnell überwältigt sind von den Schmerzen, die die psychische Gewalt bei ihnen auslöst. In diesen Kindern geht das gleiche ab, das auch in einem Kind los ist, das psychische Gewalt anwendet und sagt „Du darfst nicht (mehr) mitspielen!“ oder „Du bist nicht mehr mein Freund.“ und Ähnliches. Beide ziehen eine Grenze.

Verständnis bekommen diese Kinder, die körperliche Gewalt anwenden, aber nur selten. Ihr Verhalten wird entweder zum Objekt gemacht, wie auf einem Seziertisch und in der nettesten Form als „spannend“ bezeichnet, direkt abgewertet oder es werden Stempel aufgedrückt. Ohne Bewertung einfach akzeptiert zu werden, ist für viele leider keine Option. Bei psychischer Gewalt ist das anders:

Ist psychische Gewalt sozial?

Warum zählt psychische Gewalt aus Sicht vieler Eltern zu sozialem Verhalten, wenn sie doch denselben Ursprung hat wie körperliche Gewalt? Dieselbe Hilflosigkeit und derselbe Versuch, eine Grenze zu ziehen oder mit den eigenen Gefühle umzugehen?

Denn würde psychische Gewalt als asozial gelten, würden sie ja ebenso bemängelt werden wie körperliche Gewalt, oder nicht? Doch psychische Gewalt ist unsichtbar für diejenigen, die sie nicht sehen wollen.

  • “Aber das sind doch nur Kinder, das ist doch keine psychische Gewalt.”,
  • “Kinder sind halt so.“,
  • „In diesem Alter gibt es noch kein Mobbing.“
  • „Die meinen das doch gar nicht so.”,
  • “Die meinen doch was ganz anderes, wenn sie sowas sagen, das darf man doch nicht ernst nehmen.”,
  • „Das muss man aussitzen und einfach aushalten lernen, dass andere so sind.“ oder auch
  • “Sie hat damit gesagt, dass sie das nicht will und das akzeptiere ich. Nein heißt halt nein.” *

    *An dieser Stelle: Dass „Nein“ auch Nein heißt ist grundsätzlich nachvollziehbar und steht nicht zur Debatte. Trotz allem wird das „Nein“-sagende Kind in seiner Hilflosigkeit, seine Grenze oder sein Problem mit der Situation angemessen zu kommunizieren, alleine gelassen. Denn hinter jeder sozialen Ausgrenzung („Du darfst nicht mitspielen!“) und jedem Kontaktabbruch durch Sprache („Du bist nicht mehr meine Freundin!“) steht ein Grund, für den sich die meisten Eltern meiner Erfahrung nach gar nicht interessieren. Haut ein Kind aber, wollen alle den Grund wissen und analysieren, was bei diesem Kind nun falsch gelaufen ist. Alle Menschen suchen Verbindung zu anderen und Kinder ganz besonders. Bestärken wir unsere Kids aber im Gräben ziehen, indem uns einfach nicht interessiert, warum unser Kind Nein gesagt hat, fördern wir das Gegenteil von Verbindung.

Diese und weitere Kommentare höre ich dann, wenn ich den Umstand der psychischen Gewalt aufwerfe und z. B. kritisiere, dass es gesellschaftlich anerkannt zu sein scheint, dass ein Kind “Jetzt bist du nicht mehr mein Freund” sagt, aber nicht jedoch, dass ein Kind zuhaut und dabei so ziemlich genau das gleiche ausdrücken will. Nämlich sehr oft inhaltlich sowas wie “Mir gefällt nicht, wie sich die Situation entwickelt hat.” oder „Diese Situation fühlt sich nicht angenehm an.“

Natürlich meinen die das nicht so, dass sie keine Freunde mehr sein wollen oder nicht mehr gemeinsam spielen. Genauso wenig wie ein Kind, das haut, körperlich verletzen will. Sie sagen und tun das aus Überforderung und Hilflosigkeit mangels Verinnerlichung, wie es für alle angenehmer wäre.

Warum zur Hölle werden sie dabei nicht begleitet?

Warum geht kein Erwachsener gemeinsam mit dem Kind seinen Gefühlen auf den Grund, die es dazu veranlasst, die Verbindung zu dem anderen Kind plötzlich abzubrechen?

Warum zählt der schmerzende Popo, wenn man geschubst wurde, mehr als die seelische Verletzung, wenn man verbal geschubst wird?

Warum wird eine Entschuldigung von dem hauenden Kind verlangt und die Entscheidung eines Kindes wortlos akzeptiert, das ein anderes Kind ausgrenzt (ohne nach Gründen zu forschen)?

Warum wird im Streitfall zwischen Kindern das Hauptaugenmerk auf das hauende Kind gelegt, während dem anderen Kind signalisiert wird (indem es nicht adressiert wird), dass es z. B. okay ist, Drohungen auszusprechen?

Warum kann man sich nicht beiden zuwenden und mal zuhören, was sie brauchen?

Eltern würden erkennen, dass da Bedürfnisse und Wünsche unter diesen Worten liegen, die meistens nichts damit zu tun haben, dass sie Kind XY “einfach plötzlich nicht mehr mögen”. Meist ist eine Kleinigkeit vorher vorgefallen, die sich oft schnell lösen lässt (sogar von den Kindern selbst), wenn man denn gewillt ist, hinzuschauen. Und damit die Kinder wieder in Verbindung zu bringen und sich ihrer eigenen Gefühle bewusst zu werden.

Dies passiert nicht und daher muss ich annehmen, dass psychische Gewalt als sozial akzeptiert gilt.

Sich in jeden Kinderstreit einmischen? Wirklich? Kinder erziehen doch Kinder!

Nein, es geht mir nicht darum, Kindern bei jeder kleinen Streitigkeit dazwischenzufunken. Sie müssen selbstverständlich ihre Erfahrungen machen, indem sie gemeinsam nach einer Lösung suchen, sich versöhnen und manchmal auch feststellen, dass sie besser getrennte Wege gehen.

Es geht darum, dass wir Erwachsenen verstehen, dass psychische Gewalt nicht schlimmer oder harmloser ist, als die körperliche. Dass wir verstehen, dass wir die eine zulassen und die andere nicht, obwohl beide Ausdruck desselben sind. Es geht darum, dass wir das vorleben müssen, was wir uns für unsere Kinder wünschen. Das bedeutet, dass wir als Eltern ganz besonders deutlich hinhören müssen, um herauszufinden, ob und wann unsere psychische Gewalt einsetzen und warum.

Das aktuelle Prinzip in heutigen Einrichtungen: „Kinder erziehen Kinder“

Wir erleben heutzutage das Prinzip von „Kinder erziehen Kinder“ in Kitas, Schulen und auch sehr beliebt unter reisenden Familien. Dabei geht es darum, dass Kinder selbstständig Lösungswege finden für ihre Konfliktsituationen, sie lernen Kompromisse zu schließen, Aggressionskontrolle, aber auch positive wie negative Sanktionierung fallen hier herein – zu Deutsch Lob und Strafe: wer sich „gut“ verhält, bekommt dafür Lob von der Gruppe („Wenn du …, dann darfst du mitspielen“), wer sich „schlecht“ verhält, bekommt dafür Strafe („Du darfst nicht (mehr) mitspielen.“). Psychische Gewalt ist hier Mittel zum Zweck, demnach sehr wohl erwünscht.

Von Erwachsenen wird hier erwartet, dass sie sich bei Konflikten (mit psychischer Gewalt) passiv verhalten und auf die Fähigkeiten der Kinder zur Selbstregulation vertrauen. Dieses Prinzip passt sehr gut in unser heutiges System, da es den Arbeitsaufwand für das betreuende Personal klein hält und das Outcome (also was die Kinder dabei lernen) direkt dafür sorgt, dass sich dieses System selbst erhält, das von Bewertung, Lob und Tadel wie in Schule und Arbeitsleben lebt. Dasselbe erleben wir mit Schule. Die Schule erschafft Bürger, die das System Schule aufrecht erhalten. (Mehr zu Schulkritik: Deschooling – Essentieller Prozess)

Nachkriegszeit und Wiederaufbau haben diesem Prinzip den perfekten Nährboden geliefert, weil sowieso niemand da war, der sich hätte um Emotionen und Konflikte seiner Kinder kümmern können. Kinder mussten damit alleine fertig werden, obwohl sie noch gar nicht die biologische Reife dafür besaßen.

Die Falle, in die so manche Familie mit alternativem Lebensstil tappt:

Was beim „Kinder erziehen Kinder“-Prinzip so wunderbar frei klingt, hat es meiner Meinung nach ganz schön in sich. Denn die gleichen Familien, die sich frei von all den Werten und Normen unserer westlichen Gesellschaft machen wollen, die reisen, die ihre Kinder frei aufwachsen lassen möchten, die sich hart dafür einsetzen, dass Bewertungen, wozu auch Lob und Strafe gehören, abgeschafft gehören, die sich unter den Begriffen „unerzogen“ und „bindungs- und beziehungsorientiert“ tummeln, erkennen nicht, wie sie genau diese von ihnen nicht erwünschten Mechanismen füttern, wenn sie meinen, dass (gleichaltrige) Kinder sich gegenseitig erziehen und dabei psychische Gewalt unbegleitet und unkommentiert lassen.

Das Prinzip von Kinder erziehen Kinder ermöglicht es, genau diese herrschenden Strukturen, die viele von uns abschaffen wollen, durch unsere eigenen Kinder erst noch zu festigen. Wenn wir in einer Gesellschaft ohne Bewertung, Strafe, Manipulation, Druck etc. leben wollen, warum sollten wir ein Prinzip in der Konfliktbewältigung verfolgen, dass genau diese erschafft und beibehält? Wie können wir erwarten, dass unsere Kinder als Erwachsene wissen sollen, dass Ausgrenzung, Erpressung, Drohen usw. scheiße ist, wenn wir ihnen durch unsere Passivität bereits in ihrer Kindheit beibringen, dass diese Dinge funktionieren und eine geeignete Strategie sind, um Ziele zu erreichen?

Ein Gedankenspiel:
Bist du davon überzeugt, dass das Prinzip von Kinder erziehen Kinder geeignet ist, um eine Gesellschaft zu formen, die endlich all ihre alten, krankhaften Muster hinter sich lässt und deine Kinder zu freieren Menschen macht? Falls ja, warum ist körperliche Gewalt weiterhin ein rotes Tuch für dich, nachdem du ja weißt, dass sie den selben Ursprung haben, nur ein anderes Gewand? Um konsequent diesem Prinzip zu folgen, ist körperliche Gewalt unter Kindern auch eine Art der selbstregulierten Konfliktlösung und bestens geeignet, um negativ zu sanktionieren, ebenso wie psychische Gewalt… nur ein Gedankenspiel.

Warum gehen wir nicht einen Schritt weiter und wachsen?

Wieso verfolgen wir kein Prinzip in der Konfliktbewältigung, das diejenigen Werte inne hat, die wir uns für eine Welt, in der unsere Kinder leben werden, wünschen? Ich für meinen Teil wünsche mir, dass meine Kinder in einer Welt leben werden, in der u.a. Verständnis, Empathie, Verbindung, Gemeinschaft, Gleichwertigkeit wichtige Werte sind. Wenn ich diese Werte nicht mit meinen Kindern schon in ihrer Kindheit lebe, woher sollen sie dann kommen? Wenn ich psychische Gewalt ablehne, warum sollte ich sie in der Kindheit unbegleitet und unkommentiert lassen?

Wie Konfliktbewältigung aussehen kann:

Wird ein Kind aufgrund von körperlicher Gewalt beiseite genommen, weil es geschubst hat und es wird daran gearbeitet, dass es eine neue Strategie verinnerlicht, die eben keine körperliche Gewalt oder anderweitige Verletzung hervorruft, so sollte dies ebenso für das Kind gelten, das psychische Gewalt aussendet.

Wie könnte sowas dann aussehen? Sobald Eltern davon hören, z. B. vom eigenen Kind oder von anderen Eltern, dass das eigene Kind psychische Gewalt ausgesendet hat (was eher im Nachhinein ist, weil unsichtbar – man muss also sehen wollen und begleiten), ist den Eltern möglicherweise daran gelegen, zu erfahren, was dazu führte. Mich persönlich interessiert es, wenn mein Kind ein anderes ausschließt und ich möchte erfahren, was es dazu brachte, da es ja offensichtlich einen Konflikt in dieser Situation in sich trägt. Wie ist das bei dir?

Es geht hier nicht darum, dass wir als Eltern unseren Kindern jeglichen Schmerz nehmen oder sie anschreien, sondern darum, dass sie sich verstanden fühlen, dass sie lernen, wie und wo sich welche Gefühle anfühlen (kein Wunder, dass die meisten Menschen heutzutage kaum mit ihren Gefühlen umgehen können), die man sich erstmal bewusst machen muss. Dass Gefühle kommen und gehen und sich manchmal nicht gut anfühlen können. Dann können wir die Gefühle beim nächsten Mal leichter erkennen und lernen sie zu benennen und auszudrücken, ohne dabei andere zu verletzen.

Ohne körperliche oder psychische Gewalt auszusenden.

Das ist ein Prozess und noch dazu einer, der viele Jahre und viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Wenn dieser wichtige Teil des Sprechens (und ich meine nicht tot labern, sondern altersgerechte Sprache) und Fühlens ausbleibt, können wir nicht erwarten, dass unsere Kinder als Erwachsene wie selbstverständlich über ihre Gefühle sprechen können und auch Gefühle in anderen Menschen erkennen.

Was passiert, wenn wir psychische Gewalt nicht adressieren?

Am das besser visualisieren zu könne, hier ein Beispiel:
Eine Gruppe von drei Kindern spielen. Ein Kind schreit auf, denn es wurde von einem anderen umgeschubst und hat sich dabei weh getan. Eltern horchen auf. Das geschubste Kind wird getröstet. Das schubsende Kind wird verbal, oft gleich von mehreren Eltern, zurechtgewiesen. Kann auch auf freundliche Weise passieren, was aber nicht immer einen großen Unterschied macht. Denn:

Wenn sich kein Elternteil dafür interessiert, was vor dem Schubsen passiert ist, findet auch niemand raus, dass die Kinder sich um etwas gestritten haben, z. B. um einen Platz („Das ist meiner, du darfst hier nicht sein.“), einen Stock („Gib den sofort wieder her, ich hatte ihn zuerst!“) oder auch einfach, um ihre eigenen Wahrheiten wie „Ich bin viel schneller als du!“. Auch Drohungen wie „Wenn du nicht xy machst, dann mach ich xy kaputt“! oder weitere Ausgrenzungen wie „Geh weg, du darfst nicht mitspielen.“, „Hier dürfen nur Große/nur Kleine spielen“ u.s.w. können Streit auslösen. Bis hier hin kommen einige Eltern noch mit.

Und dann ist Ende. Das schubsende Kind wird zurechtgewiesen, denn dieses Verhalten wird von niemandem akzeptiert. Doch egal, wie freundlich, verbindend und wohl gesonnen sich dem schubsenden Kind genähert wird: Wenn sich zeitgleich niemand den anderen Kids annimmt und sie nicht in ihrer Hilflosigkeit gesehen werden, die zur Anwendung psychischer Gewalt aus Ermangelung anderer Strategien führte, wird ihnen signalisiert: Das schubsende Kind hat sich falsch verhalten. Und hinter dieser Message steckt noch eine weitere, nämlich:

Ich habe mich richtig verhalten, denn niemand äußert sich zu meinem Verhalten.

So lernen Kinder durch die Passivität ihrer Eltern, dass psychische Gewalt akzeptiert wird und körperliche nicht.

Warum ist psychische Gewalt sozial akzeptiert?

Ich erlebe, dass sowohl Eltern von Schulkindern auf Spielplätzen, aber auch Eltern von Freilernern und anderen reisenden Kindern ihre Kinder teilweise dafür feiern, dass sie andere verbal verletzen. Denn immerhin hauen sie nicht, richtig? 😉

Woher kommt das? Ich kann nur vermuten, dass es aus dem Denken entsteht, dass es mega wichtig ist, heutzutage “Nein” sagen zu können. Damit sie sich später “nichts gefallen lassen”, sich durchsetzen können. Das ist wichtig, um in dieser Gesellschaft zurechtzukommen. Also im Grunde genau das, was Sozialisation erreichen soll, oder? Wie praktisch. Also doch alles erreicht?

Ich bekomme auch den Eindruck, dass Traumata der Eltern eine Rolle spielen (wie bei uns allen natürlich). Viele von uns haben nicht gelernt, unsere Grenzen zu kommunizieren. Da macht es uns umso glücklicher, wenn unsere Kinder das tun. Ohne hinzuschauen, wie sie das tun (außer körperlich natürlich, denn das wurde bereits in unserer Kindheit bestraft!).

Gefällt dir diese Gesellschaft? Was meinst du, warum psychische Gewalt akzeptiert wird?

Mein Fazit zu psychischer Gewalt unter Kindern

Kennst du dein eigenes Konfliktverhalten? Zu Menschen, mit denen wir unterschiedlicher Meinung sind oder die mal was gesagt haben, was uns nicht so in den Kram passte, brechen viele von uns den Kontakt ab oder minimieren ihn soweit möglich. Warum tun wir das? Weil wir keine Ahnung haben, wie man mit Konflikten umgeht. Wir haben gelernt, dass sozialer Ausschluss (in diesen Fällen schließen wir andere aus unserem Leben aus) funktioniert. Es ist ein leichtes und gewohntes Mittel, um einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, um ein Gefühl nicht fühlen zu müssen. Doch was wäre, wenn wir in Verbindung blieben?

Wenn wir weg wollen von psychisch erkrankten Jugendlichen, von Skrupellosigkeit im Erwachsenenalter und hin zu mehr Wärme, Verständnis und Menschlichkeit, mehr Verbindung, Empathie und mehr Miteinander, müssen wir unseren Kindern die erforderlichen Werkzeuge genau dafür an die Hand geben. Wir können uns in diesem System voller Gleichaltriger in Einrichtungen (oder Gruppen von Gleichaltrigen auf Reisen) nicht zurücklehnen und sagen, dass die Kids das schon alleine machen. Klar, sie regeln das alleine. Die Frage ist nur wie.

Wer in dieser aktuellen Gesellschaft sehr gut leben will, muss lernen die Ellenbogen auszufahren und sich nicht in zu tiefe Verbindungen zu begeben, möglicherweise „über Leichen gehen“ lernen, um “nach oben” zu kommen. Wer früh lernt, dass nur kritisiert wird, was sichtbar ist, lernt, dass vermeintlich unsichtbares okay ist. Und wir als Gesellschaft klagen über Mobbing und Bullying in Schulen. Willst du so eine Gesellschaft für deine Kinder?

Wenn wir so eine Gesellschaft nicht mehr wollen, müssen wir uns selbst verändern und unseren Kindern ein Vorbild sein, ihnen einen gesunden Umgang mit ihren Gefühlen vermitteln und vorleben und ihnen Handlungsalternativen aufzeigen, wenn sie Strategien wie physische und psychische Gewalt anwenden, die sie persönlich nicht wachsen lassen.

Wenn die Welt keinen Handlungsbedarf bei psychischer Gewalt sieht, bleibe ich lieber unsozialisiert.

Hinweis: Sobald du dir und anderen gegenüber eingestehst, dass dein Kind auf physische oder psychische Weise Gewalt ausübt (und das ist ganz normal in dem Prozess), werden sich Eltern finden, die auf dein Kind zeigen werden. Wir alle lernen schon früh, dass Schwächen etwas blödes sein sollen und dass diese von dir offen kommunizierten Punkte, sich bestens eignen, um von den eigenen Punkten abzulenken. Perfekt für dich, um zu üben und zu akzeptieren, dass wir alle ein „work in progress“ sind und weder du, noch dein Kind perfekt sein müssen, um akzeptiert zu werden.